ENFANT TERRIBLE (frz., spr. angfáng terrihbl, «Schreckenskind»), eigentlich ein plauderhaftes Kind, das durch Wiedererzählung gehörter oder gesehener Dinge Verlegenheiten bereitet; dann begütigend-ironisch für Außenseiter oder Exzentriker, die durch unangepasste oder zügellose Handlungen auffallen und andere mitblamieren.
1967 stürmt Rainer Werner Fassbinder mit gerade einmal 22 Jahren die Bühne des Münchner Antitheaters. Kurzerhand reißt er eine Inszenierung an sich und krempelt sie von Grund auf um. Noch ahnt niemand, dass dieser junge Aufrührer einmal einer der bedeutendsten deutschen Filmemacher werden wird. Schnell schlägt seine unkonventionelle Art um sich und es dauert nicht lange bis Schauspielerinnen, Selbstdarsteller und Affären ihm Avancen machen. Fassbinder dreht einen Film nach dem anderen ab und einer nach dem anderen sorgt auf der Berlinale und in Cannes für Furore. Der Ausnahmekünstler polarisiert, hinter der Kamera, vor der Kamera und privat. Doch seine Arbeitswut, die körperliche Drangsal aller Beteiligten und der uferlose Drogenkonsum zollen schon bald ihren Tribut.
In knapp 13 Jahren entstanden gut 40 Kino- und Fernsehfilme und nicht zuletzt Fassbinders Magnum Opus BERLIN ALEXANDERPLATZ. Den Preis für diese unglaubliche Schaffenskraft zahlten zum Teil seine Weggefährten, schlussendlich aber Fassbinder selbst, der gerade einmal 37 wurde. In einem Film, der seinem Vorbild in Exzess, Kraft und Zärtlichkeit kaum nachsteht, fängt Regisseur Oskar Roehler die Essenz dieses kurzen und intensiven Lebens ein.
Als Abschluss unseres QUEERGESTREIFT Festivals zeigen wir ENFANT TERRIBLE bereits am 30.09. als Special Preview. Festivalpässe gelten nur an diesem Tag.
Lukas Burg
DEU 2020
134 Minuten
Regie: Oskar Roehler
Drehbuch: Klaus Richter
Kamera: Carl-Friedrich Koschnick
Schnitt: Hansjörg Weißbrich
Musik: Martin Todsharow
Produktion: Uwe Schott, Markus Zimmer, Stefan Arndt u.a.
Mit: Oliver Masucci, Hary Prinz, Katja Riemann u.a.
FSK 16
Kontakt: Weltkino Filmverleih

Oskar Roehler
Oskar Roehler wurde am 21. Januar 1959 in Starnberg geboren. Der deutsche Filmregisseur, Journalist und Autor ist der Sohn der Schriftstellerin Gisela Elsner und des Schriftstellers Klaus Roehler. Er wuchs ab dem vierten Lebensjahr bei seinen Großeltern und dann wieder bei seinem Vater in Darmstadt auf, wo er auch sein Abitur absolvierte. Heute lebt Roehler in Berlin und ist seit Beginn der 1980er-Jahre als Autor tätig. Zu seinen Werken zählen unter anderem Drehbücher für Niklaus Schilling, Christoph Schlingensief und Mark Schlichter. Seit Mitte der 1990er-Jahre machte sich Roehler vor allem als Spielfilmregisseur einen Namen. Sein bislang erfolgreichster Film war Die Unberührbare mit Hannelore Elsner in der Hauptrolle, in dem Roehler die letzten Jahre im Leben seiner Mutter beschreibt. Der Film wurde mit zahlreichen Preisen, unter anderem mit dem Deutschen Filmpreis in Gold ausgezeichnet. Nach 2003 und 2006 erhielt Roehler 2010 für Jud Süß – Film ohne Gewissen seine dritte Einladung in den Wettbewerb der 60. Filmfestspiele von Berlin. Der Film dramatisiert die Entstehung des antisemitischen Propagandafilms Jud Süß (1940) mit Tobias Moretti als Titelheld Ferdinand Marian, Justus von Dohnányi als Regisseur Veit Harlan und Moritz Bleibtreu als Joseph Goebbels. Unter dem Titel Herkunft veröffentlichte er 2011 einen autobiografisch geprägten Roman.